Viele Arbeitgeber:innen übernehmen die Aus- oder Fortbildungskosten ihrer Arbeitnehmer:innen zum Teil oder sogar vollständig. Dieses großzügige Angebot ist meist verknüpft mit der Erwartung, dass die Arbeitnehmer:innen nach Beendigung der bezahlten Maßnahme für längere Zeit im Unternehmen verbleiben. Somit kann ein Teil der Investition in die Bildung dieser Person in Form von Einsatz und Arbeitsleistung an Arbeitgeber:innen zurückgeführt werden. Was aber, wenn der Arbeitsvertrag z.B. durch Kündigung endet? Können dann die Fortbildungskosten zurückgefordert werden? Und wenn ja – in welcher Höhe?
Rückzahlungsklauseln sind grundsätzlich zulässig
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig sind (BAG, Urteil vom 11. April 2006 -9AZR 610/05). Eine Rückzahlung setzt dabei voraus, dass sich durch die Aus- oder Fortbildung neue berufliche Möglichkeiten für die teilnehmende Person ergeben. Das ist regelmäßig abzulehnen, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die ausschließlich für den eigenen Betrieb von Nutzen ist.
Es gibt viele Gründe, die zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel führen können. Sollten auch nur einzelne Teile der Rückzahlungsvereinbarung unwirksam sein, führt dies dazu, dass der gesamte Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers entfällt.
Verhältnismäßigkeit der Bindungsdauer
Die Rückzahlungsklausel muss in jedem Fall zeitlich beschränkt sein. Die Bindungsdauer beschreibt die Zeit, die Arbeitnehmer:innen nach Abschluss der Fortbildung bei Arbeitgeber:innen beschäftigt sein müssen, um die Kosten nicht zurückzahlen zu müssen. Diese Bindungsdauer ist ins Verhältnis zur Dauer und Qualität der Fortbildung zu setzen. Das Bundesarbeitsgericht geht bei einer Fortbildung, die nicht länger als einen Monat dauert davon aus, dass eine Bindungsdauer von 6 Monaten angemessen ist. Mit zunehmender Länge der Fortbildungsdauer ist auch eine längere Bindungsdauer zulässig. Sollten im Arbeitsvertrag oder in Zusatzvereinbarungen zur Fortbildung solche Regelungen zur Bindungsdauer fehlen oder diese überlang bemessen sein, ist die Klausel insgesamt unwirksam.
Zeitanteilige Ermäßigung des Rückzahlungsanspruches
Die Rückzahlungsklausel muss eine Regelung zur Verminderung der Rückzahlungspflicht vor Ablauf der Bindungsdauer beinhalten. Diese Regelung muss klarstellen, um wieviel sich die Erstattungspflicht pro Monat, den Arbeitnehmer:innen im Unternehmen nach Abschluss der Fortbildung beschäftigt sind, vermindert.
Beispiel: Arbeitnehmer A beendet seine 6-monatige Fortbildung im Juni 2021. Die Rückzahlungsklausel lautet: „Mit jedem vollen Kalenderjahr, das der Arbeitnehmer nach Beendigung der Fortbildung beim Arbeitgeber beschäftigt ist, vermindert sich der Rückzahlungsbetrag um 33 %.“
Diese Klausel wäre unzulässig, da sie keine monatliche, sondern lediglich eine jährliche anteilige Ermäßigung beinhaltet. Die Folge: A müsste überhaupt keine Rückzahlung leisten.
Genaue Bezeichnung der Kosten
Unwirksame Rückzahlungsklauseln führen zum Entfallen eines Rückzahlungsanspruches. Häufiger Grund der Unwirksamkeit: Die Klauseln beziffern die Kosten, die mit der Fortbildung verbunden sind, nicht oder nicht genau genug. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Formulierung „die der E entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich der Lohnfortzahlungskosten“ unwirksam ist. Aus dieser Regelung ließe sich nicht entnehmen, welche Kosten damit im Einzelnen gemeint seien. Arbeitgeber:innen können die Kosten natürlich nicht bis ins letzte Detail prognostizieren. Sie müssen aber zumindest klar und transparent festlegen, ob neben den Lehrgangsgebühren auch Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu erstatten sind. Und, wenn dies bei Abschluss des Vertrages oder der Nebenabrede möglich ist auch, wie sich diese errechnen.
Darlehensrückzahlung bei späterer Tätigkeit im Unternehmen
Beispiel: Arbeitnehmerin Y hat ihre Ausbildung bei ihrem Arbeitgeber Z beendet. Sie beginnt ein zweijähriges Vollzeitstudium, dessen Gebühren das Unternehmen Z übernimmt. Die Parteien treffen eine Nebenabrede vor Beginn des Studiums in der es heißt: „Die Kosten in Höhe von 30.000,00 EUR werden durch das Unternehmen Z als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt. Dieses Darlehen baut sich in 60 gleichen Monatsraten von 500,00 Euro durch Ihre Tätigkeit bei der Z nach erfolgreichem Abschluss des Studiums ab.“
Diese Konstellation ist nicht unüblich. Jedoch führen auch hier bereits kleine Fehler zu einer Unwirksamkeit der Klausel und der Rückzahlungsanspruches. Die anteilige Rückzahlungspflicht (durch monatlichen Abzug vom Gehalt) kann nur dann wirksam vereinbart werden, wenn die Nebenabrede
- einen Anspruch auf Begründung eins Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses für Arbeitnehmer:innen beinhaltet und
- das künftige Beschäftigungsverhältnis „rahmenmäßig“ bestimmt.
Dabei reicht es nicht aus, abstrakt irgendein Beschäftigungsverhältnis zuzusichern. Es muss in der Klausel zumindest rahmenmäßig bestimmt sein.
„Dazu gehören Angaben zum Beginn des Vertragsverhältnisses, zu Art und zeitlichem Umfang der Beschäftigung und zur Gehaltsfindung der Anfangsvergütung. Nur dann kann die Rückzahlungsvereinbarung als hinreichend transparent i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB angesehen werden. Der Arbeitnehmer muss wissen, welches Vertragsangebot er gegebenenfalls annehmen muss, um die vereinbarte Rückzahlungspflicht abzuwenden“
(BAG, Urteil vom 18. März 2008, 9 AZR 186/07)
Wir prüfen die Wirksamkeit Ihrer Rückzahlungsklausel, wenn Sie Arbeitgeber:in sind. Sind Sie Arbeitnehmer:in, prüfen wir, ob sie zur Rückerstattung der Fortbildungskosten verpflichtet sind, bevor Sie sich für eine Eigenkündigung entscheiden bzw. wenn Sie sich einem Rückzahlungsverlangen bereits ausgesetzt sehen. Vereinbaren Sie jetzt eine kostenlose Erstberatung zu Ihrem Wunschtermin.