Spätestens seit dem sogenannten Bienenstich-Fall ist klar: Auch der Diebstahl von kleinen Cent-Beträgen kann zur fristlosen Kündigung führen. Eine Verkäuferin hatte ein Stück Bienenstich im Wert von rund 30 Cent gegessen und prompt ihren Job verloren.
Und auch Unterschlagung, Körperverletzung oder Beleidigung sind am Arbeitsplatz keine seltenen Phänomene.
Aber wie ist die Rechtslage, wenn nur der Verdacht besteht, dass der Mitarbeiter gestohlen hat – ohne dass Beweise vorliegen? Dazu kann es schnell kommen, wenn beispielsweise Geld oder Waren verschwinden, die in den Zuständigkeitsbereich eines bestimmten Mitarbeiters fallen.
Außerordentliche Kündigung in Form der Verdachtskündigung
Die schlechte Nachricht: Auch wegen des bloßen Verdachts einer Straftat kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung entsprechend § 626 Absatz 1 BGB aussprechen. Denn entscheidend ist erst einmal nicht, ob sich der Verdacht später als wahr herausstellt. Maßgeblich ist, dass allein der Verdacht einer Straftat ausreicht, das erforderliche Vertrauen in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zunichtezumachen..
Allerdings soll eigentlich auch niemand durch die Rechtsordnung für etwas „bestraft“ werden, dass er gar nicht getan hat. Die gute Nachricht ist deshalb: An eine solche Verdachtskündigung sind hohe Anforderungen gestellt und in vielen Fällen ist diese Kündigung unwirksam und damit anfechtbar.
Das muss der Arbeitgeber bei einer Verdachtskündigung beachten
Damit der Arbeitgeber wirksam fristlos kündigen kann, müssen mindestens folgende Kriterien erfüllt sein:
- Es muss ein dringender Tatverdacht gegen den Arbeitnehmer bestehen, das heißt bloße wage Vermutungen reichen nicht aus. Vielmehr müssen Tatsachen dargelegt werden, die begründen, dass sich der Arbeitnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit sich pflichtwidrig verhalten hat und bei Zutreffen des Verdachts ein Strafgesetz verletzt wäre.
- Den Arbeitgeber trifft außerdem eine gewisse Aufklärungspflicht, bevor er eine Verdachtskündigung ausspricht. Ihm obliegt es, den Verdacht anhand von stichhaltigen Anhaltspunkten zu erhärten oder auch aus der Welt zu schaffen. Dazu gehört es auch, den Arbeitnehmer zu den gegen ihn vorgebrachten Vorwürfen anzuhören. Wurde dem Betroffenen nicht die Möglichkeit eingeräumt, Stellung zu nehmen, so ist eine Verdachtskündigung regelmäßig unwirksam.
- Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, ist dieser ebenfalls zwingend nach der Stellungnahme des Arbeitnehmers zu den Verdachtsmomenten zu befragen. Wichtig ist, dass die Anhörung des Betriebsrats erst nach der Anhörung des verdächtigten Arbeitnehmers stattfindet, da ansonsten relevante Informationen dem Betriebsrat vorenthalten sein könnten.
- Zuletzt hat der Arbeitgeber, sobald ein Verdacht besteht, nur zwei Wochen Zeit eine Kündigung auszustellen – eine mündliche Kündigung reicht nicht aus.
Es gibt also eine Menge Fehlerquellen bei der Verdachtskündigung. Und das ist auch gut so, denn Arbeitnehmer sollten nicht Opfer ungerechtfertigter Verdächtigungen werden.
Liegen Fehler vor, kann einer Verdachtskündigung mit einer Kündigungsschutzklage begegnet werden.
Eine Abfindung ist auch im Nachhinein möglich
Bestätigt sich der Verdacht, sollte der Arbeitnehmer unbedingt versuchen, sich bei seinem jetzt ehemaligen Arbeitgeber zu entschuldigen. Schließlich stellt der noch ein Arbeitszeugnis aus und kann außerdem Strafanzeige erstatten – dann droht gegebenenfalls auch eine Sperre beim Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Stellt sich dagegen im Nachhinein heraus, dass der Verdacht dennoch unbegründet blieb, kann der Arbeitnehmer sogar einen Anspruch auf Wiedereinstellung oder eine entsprechende Abfindung geltend machen.
Wobei letzteres in den allermeisten Fällen ratsamer ist. Denn auch wenn ein Verdacht später ausgeräumt werden konnte, ist das notwendige gegenseitige Vertrauen meistens zerrüttet – selbst, wenn es nur um ein Stück Bienenstich ging.
Sollten Sie wegen des Verdachts einer Straftat gekündigt worden sein, oder eine Verdachtskündigung befürchten, beraten wir Sie gerne zum weiteren Vorgehen.