Betriebsbedingte Kündigung: Erhalte ich trotzdem Abfindung?

Die betriebsbedingte Kündigung zählt zu den häufigsten Kündigungsarten. Eine Kündigungsstudie aus dem Jahr 2018 beziffert ihren Anteil auf 68 Prozent. Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass viele dieser Entlassungen nicht alle Bedingungen einer betriebsbedingten Kündigung erfüllen. 

Unser Artikel erläutert Ihnen die Kriterien betriebsbedingter Kündigungen. Und er klärt die Frage, ob Ihnen eine Abfindung zusteht.

Wann ist eine Kündigung betriebsbedingt?

So manche Kündigung kommt im Deckmantel der Betriebsbedingtheit daher. Der Gesetzgeber hat diese Kündigungsart jedoch an mehrere Bedingungen geknüpft. Verstößt der Arbeitgeber auch nur gegen eines dieser Kriterien, bestehen für Sie gute Chancen, Ihre Kündigung anzufechten.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ein dreistufiges Prüfschema zur betriebsbedingten Kündigung entwickelt. Erstens muss eine unternehmerische Entscheidung getroffen worden sein, dass Arbeitsplätze wegfallen. Zweitens darf es keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers geben. Drittens hat der Arbeitgeber die Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt.

Eine betriebsbedingte Kündigung hat ihren Grund niemals in der Person des Gekündigten. Der Arbeitgeber steht in der Beweispflicht, dass der Arbeitsplatz dauerhaft wegfällt und auch keine Umschulung/Fortbildung für die Weiterqualifizierung angeboten werden kann. Treffen alle diese Punkte zu, ist Ihre Kündigung betriebsbedingt. Und jetzt stellt sich die Frage, ob Ihnen eine Abfindung zusteht.


Abfindung: Diese Voraussetzungen müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfüllen

Abfindungen bei betriebsbedingter Kündigung sind kein Automatismus. Der Gesetzgeber hat im § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Bedingungen für die Abfindung formuliert:

- Sie müssen länger als 6 Monate bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt gewesen sein

- Ihr Arbeitgeber beschäftigt mehr als 10 Vollzeitmitarbeiter

- Ihre Kündigung erfolgt aus dringlich betrieblich erforderlichen Gründen

- Ihre betriebsbedingte Kündigung geht Ihnen in schriftlicher Form zu

- Ihr Arbeitgeber bietet im Kündigungsschreiben eine Abfindung an. Im Gegenzug verzichten Sie auf eine Kündigungsschutzklage

Achtung: § 1 a Kündigungsschutzgesetz (KschG) legt keinen Abfindungs-Automatismus fest. Die Gleichung Betriebsbedingte Kündigung = Abfindung lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten. Entscheidend ist ein entsprechender Passus im Kündigungsvertrag, der dem Arbeitnehmer eine Abfindung anbietet, wenn er auf seine Kündigungsschutzklage verzichtet.

Achten Sie auf den Sozialplan

Info Sozialplan: Sie haben drei schulpflichtige Kinder, sind seit zwölf Jahren im Betrieb und erhalten eine betriebsbedingte Kündigung. Ihr alleinstehender jüngerer Kollege, der seit drei Jahren im Unternehmen ist, darf bleiben. Hier stimmt etwas mit dem Sozialplan nicht. Aber so leicht lassen sich die Rangfolgen nicht immer erkennen. Im Zweifelsfall hilft ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht dabei.

Ausnahme Rationalisierungs-Tarifvertrag

Für die meisten Arbeitsverträge gilt: Es gibt bei betriebsbedingten Kündigungen keinen Abfindungs-Automatismus. Aber es gibt eine Vertragsart, die eine Abfindungszahlung tarifvertraglich festlegt. Das ist der Rationalisierungs-Tarifvertrag.

Abfindungszahlungen bei betriebsbedingter Kündigung sind gängige Praxis


Trotzdem für die meisten Arbeitsverträge kein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindungszahlung bei betriebsbedingter Kündigung besteht, gehört es zur gängigen Praxis, dass solche Zahlungen erfolgen - vorausgesetzt natürlich, alle Kriterien sind dafür erfüllt. Für Sie als betroffener Arbeitnehmer ist es nun wichtig, zu wissen, ob es allgemeine Regelungen zur Abfindungshöhe gibt und wie diese aussehen.


Die Abfindungshöhe laut Kündigungsschutzgesetz


Der § 1a Absatz 2 des KSchG legt die Höhe der Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung fest. Sie beträgt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit einen halben Brutto-Monatsverdienst. Bisher gewährte Sachbezüge wie Dienstwagen oder Firmenwohnung erhöhen diese Berechnungsgrundlage. Die Betriebszugehörigkeit rundet sich ab sechs Monaten auf jeweils ein volles Jahr auf.

Für ältere Arbeitnehmer, die dem Unternehmen besonders lange angehört haben, gibt es gesetzliche Sonderregelungen. Wer mindestens 50 ist und wenigstens 15 Jahre im kündigenden Betrieb gearbeitet hat, bekommt eine Abfindung von 15 Monatsverdiensten. Wer die 55 erreicht hat und mindestens 20 Jahre betriebszugehörig ist, freut sich über eine Abfindungshöhe von 18 Monatsverdiensten.


Vorsicht Steuer


Abfindungen bei betriebsbedingter Kündigung sind zu versteuern. Durch die Einmalzahlung erhöht sich Ihr Jahresbruttoverdienst. Handelt es sich um einen höheren Betrag, erreichen Sie voraussichtlich eine höhere Steuerprogression und müssen dementsprechend höhere Abgaben zahlen. Es ist aber möglich, beim Finanzamt die sogenannte Fünftel-Regelung zu beantragen. Dann werden die Einnahmen aus der Abfindung auf fünf Steuerjahre aufgeteilt, mit dem Effekt, dass die jeweilige Steuerlast niedriger bleibt.


Keine Sozialversicherungs-Abgaben aus der Abfindung


Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung müssen aus einer Abfindung nicht gezahlt werden. Denn diese stellt für Sie kein Arbeitsentgelt dar, sondern eine Entschädigung für den Verlust Ihres Arbeitsplatzes.


Anrechnung auf Arbeitslosengeld? Sperrfrist?


Wie sieht es mit der Auswirkung von Abfindungen auf das Arbeitslosengeld aus? - Im Regelfall rechnet die Bundesagentur die Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld an. Sie erhalten Ihre Bezüge in voller Höhe. Es gibt jedoch eine Ausnahme. Einigen Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber auf eine Abfindung wegen betriebsbedingter Kündigung und verkürzen als "Gegenleistung" Ihre gesetzmäßig vereinbarte Kündigungsfrist, ruht der Arbeitslosengeld-Anspruch für die Zeit dieser Verkürzung.

Eine andere Frage, die sich Arbeitnehmern stellt, die eine Abfindung aus betriebsbedingten Gründen erwarten dürfen: Steht beim Arbeitslosengeld-Bezug eine Sperrfrist an? - Diese Frage ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Eine betriebsbedingte Kündigung, der Name sagt es ja bereits, erfolgt aus Gründen, die weder vom Arbeitnehmer veranlasst worden sind noch etwas mit seinem Verhalten im Unternehmen zu tun haben. Es gibt allerdings eine Ausnahme. Einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der Abfindungszahlung auf einen Auflösungsvertrag, beträgt die Sperrfrist fürs Arbeitslosengeld - je nach verkürzter Kündigungsfrist - bis zu 12 Wochen.


Abfindungsverhandlungen profitieren von Unterstützung


Abfindungen bei betriebsbedingter Kündigung orientieren sich an gesetzlich fixierten Berechnungsgrundlagen. Dennoch ist es für Sie als Arbeitnehmer möglich, in einer individuellen Verhandlung mit Ihrem Arbeitgeber einen höheren Abfindungsbetrag zu erzielen. Allerdings braucht es dafür sachlich überzeugende Argumente - zum Beispiel die Qualifikation, die Sie ins Unternehmen eingebracht haben; Ihr Engagement; wichtige Projekte, die Sie angestoßen haben; natürlich auch Ihre Lebensumstände. Wichtig ist eine selbstbewusste Argumentation auf Augenhöhe und ein bisschen "Pokern". Oft ist es zielführend, sich in diesem Prozess von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen und ihm die Verhandlung ganz zu übertragen.


Fazit


Betriebsbedingte Kündigungen ziehen in der Regel gesetzlich vereinbarte Abfindungszahlungen nach sich. Im Rahmen dieses Prozesses gilt es, wachsam zu überprüfen, ob alles auf dem Boden des Rechts abgewickelt wird. Ist die betriebsbedingte Kündigung berechtigt? Wird der Sozialplan eingehalten? Stimmt die Höhe der Abfindung? Wäre es möglich, durch Verhandlung eine höhere Abfindung zu erzielen? - Es lohnt sich, diese und andere Frage rund um die betriebsbedingte Abfindung von einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht klären zu lassen. Holen Sie sich die maximale Entschädigung für Ihren Arbeitsplatzverlust.






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