Mobbing am Arbeitsplatz: Der komplette Leitfaden für Betroffene und Unternehmen

Mobbing am Arbeitsplatz bezeichnet systematische, wiederkehrende Schikanen (mindestens 2-3x pro Monat über 6 Monate) mit dem Ziel der Ausgrenzung. Laut einer BMAS-Studie fühlen sich 6,5% der Beschäftigten betroffen – bei jüngeren Arbeitnehmern (18-29 Jahre) sind es sogar 11,4%.

Was ist Mobbing rechtlich?

Mobbing ist kein eigener juristischer Straftatbestand, sondern ein Sammelbegriff für systematische Angriffe am Arbeitsplatz. Entscheidend für die rechtliche Einordnung sind drei Kriterien: Systematik, Wiederholung und das Ziel der Ausgrenzung.

Die häufigsten Mobbingformen umfassen:

  • Angriffe auf die Kommunikation: Mundtot machen, ständiges Unterbrechen oder Ignorieren
  • Soziale Isolation: Ausschluss von Meetings, Kollegen verlassen den Raum
  • Arbeitsbehinderung: Vorenthaltene Informationen, sinnlose oder überfordernde Aufgaben
  • Psychische Attacken: Demütigungen, Gerüchte verbreiten, als Versager bezeichnen

Wichtig ist die Abgrenzung zu Einzelkonflikten: Vereinzelte Meinungsverschiedenheiten oder ein gelegentlich ungerechter Vorgesetzter gelten nicht als Mobbing.

Rechtlicher Schutz in Deutschland

Obwohl es kein spezifisches Anti-Mobbing-Gesetz gibt, bieten vier Rechtsquellen umfassenden Schutz:

  • Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG): Verpflichtet Arbeitgeber, psychische Gefährdungen zu erfassen und Schutzmaßnahmen zu ergreifen
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Greift bei Mobbing mit Diskriminierungsmerkmalen
  • Bürgerliches Gesetzbuch (§ 823): Ermöglicht Schadensersatz bei Gesundheitsschäden
  • Betriebsverfassungsgesetz (§§ 84-85): Verpflichtet den Betriebsrat zum Eingreifen

Die Fürsorgepflicht nach § 618 BGB verpflichtet Arbeitgeber zusätzlich zum Schutz ihrer Mitarbeiter vor psychischen Belastungen.

Welche Folgen hat Mobbing für Betroffene?

Die Auswirkungen von Mobbing sind oft langfristig und betreffen drei Bereiche:

Gesundheitliche Folgen: Physische Symptome wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und Schlafstörungen entstehen durch permanente Belastung und Angstzustände. Langfristig können chronische Angststörungen, Depressionen und sozialer Rückzug auftreten.

Berufliche Konsequenzen: Viele Betroffene kündigen selbst – oft aus Verzweiflung. Dies sollte jedoch juristisch geprüft werden, da wichtige Ansprüche verfallen könnten. Mangelnde Leistungsfähigkeit kann zu Abmahnungen oder Kündigungen führen.

Wirtschaftliche Schäden: Die Selbstbewertung des Gesundheitszustands verschlechtert sich deutlich, was oft intensive therapeutische Behandlung erforderlich macht.

Lassen Sie sich nicht allein mit den Folgen von Mobbing kämpfen. Ein spezialisierter Anwalt für Arbeitsrecht kann Ihre Rechte prüfen, mögliche Ansprüche geltend machen und Sie dabei unterstützen, angemessene Entschädigung zu erhalten. Kontaktieren Sie uns – Ihre Gesundheit und Ihre berufliche Zukunft sind es wert.

Was müssen Arbeitgeber präventiv tun?

Arbeitgeber sind durch die Fürsorgepflicht zu drei Hauptmaßnahmen verpflichtet:

Strukturelle Maßnahmen: Schriftliche Mobbingvereinbarungen, anonyme Meldesysteme und klare Verhaltensrichtlinien etablieren. Mobbingbeauftragte sollten als Anlaufstellen fungieren.

Personelle Entwicklung: Führungskräfte müssen Sozialkompetenz-Trainings durchlaufen, insbesondere im Konfliktmanagement. Eine Studie der Uni Kiel zeigt: Teams ohne regelmäßige Feedbackkultur haben dreimal höhere Mobbingraten.

Schnelle Intervention: Bei Vorfällen müssen innerhalb von zwei Wochen Gespräche geführt werden. Bei nachgewiesenem Mobbing sind disziplinarische Maßnahmen bis zur Kündigung des Täters möglich.

Hauptursachen und Risikofaktoren

Organisatorische Defizite sind die Haupttreiber für Mobbing:

  • Führungsversagen: Autoritäre oder passive Vorgesetzte begünstigen 68% der Mobbingfälle
  • Strukturelle Probleme: Unklare Zuständigkeiten, hoher Zeitdruck und häufige Personalwechsel
  • Soziale Faktoren: Geringe Mitbestimmung der Beschäftigten und Kommunikationsbarrieren

Besonders gefährdet sind Arbeitsbereiche mit hoher Personalfluktuation und häufigen Führungskraftwechseln.

Wie dokumentieren Betroffene Mobbing richtig?

Eine lückenlose Dokumentation ist entscheidend für spätere Rechtsansprüche:

Inhalte der Dokumentation: Datum, Uhrzeit, Ort, beteiligte Personen, Wortlaut von Beleidigungen, Zeugen und konkrete Auswirkungen (z.B. “nach Vorfall X Arztbesuch am Y”).

Form der Dokumentation: Mobbing-Tagebuch mit Unterschriften führen, E-Mails und Chat-Nachrichten sichern. Für arbeitsgerichtliche Klagen sind in der Regel 6-8 dokumentierte Vorfälle nötig.

Interventionsstrategien: Der Stufenplan

Intervention erfordert einen systematischen Stufenplan:

Stufe 1: Direktgespräch mit dem Mobber (nur bei gewährleisteter Sicherheit) 

Stufe 2: Einbindung von Betriebsrat oder Personalabteilung, gegebenenfalls Mediation 

Stufe 3: Disziplinarverfahren – bei Nachweis ist eine Kündigung des Täters möglich 

Nachsorge: Wiedereingliederungsmanagement für Betroffene nach § 167 SGB IX

Praxisbeispiel: Bei der Deutschen Bank reduzierte ein vierstufiges Frühwarnsystem Mobbingfälle um 57% in zwei Jahren.

Wirtschaftliche Folgen für Unternehmen

Die betriebswirtschaftlichen Kosten sind erheblich:

Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten verzeichnen durch Konflikte verursachte Jahreskosten zwischen 100.000 und 500.000 Euro. Konfliktkosten machen bereits 19% der Gesamtkosten in kleinen und mittleren Betrieben aus.

Zusätzliche Folgen umfassen:

  • Erhöhte Krankenstände und Produktivitätsverlust
  • Hohe Fluktuation mit Neueinstellungs- und Einarbeitungskosten
  • Reputationsschaden als Arbeitgeber
  • Rechtliche Konsequenzen durch Klagen und Schadensersatzforderungen

Volkswirtschaftlich entstehen durch mobbingbedingte Arbeitsausfälle geschätzte jährliche Kosten von 2,3 Milliarden Euro.

Fazit

Mobbing am Arbeitsplatz zerstört Existenzen und Betriebsklima gleichermaßen. Arbeitgeber müssen Prävention als strategische Aufgabe verankern – durch klare Richtlinien, systematische Führungskräfte-Schulungen und schnelle Intervention bei Vorfällen.

Betroffene sollten frühzeitig rechtlichen Rat einholen, bevor sie aus Verzweiflung eine Kündigung einreichen. Rufen Sie uns einfach oder hinterlassen Sie uns eine Nachricht. Mit systematischem Schutz und einer Kultur des Respekts können Arbeitsumgebungen geschaffen werden, in denen psychische Sicherheit Priorität hat und alle Mitarbeiter produktiv arbeiten können..

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