Erste Hilfe bei einer Abmahnung vom Arbeitgeber

 

Wer eine Abmahnung im Arbeitsverhältnis erhält, ist oft verunsichert. Was bedeutet das konkret? Muss man sich dagegen direkt zur Wehr setzen? An wen kann ich mich wenden, wenn ich den Vorwürfen widerspreche? 

Wir informieren Sie zu den rechtlichen Hintergründen und sagen Ihnen, was zu tun ist, wenn Sie abgemahnt wurden.  

 

1. Was ist eine Abmahnung genau?

 

Mit einer Abmahnung mahnt der Arbeitgeber Pflichtverstöße aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer an. Er bringt zum Ausdruck, dass er mit einem Verhalten des Arbeitnehmers nicht einverstanden ist und dieses als Vertragsverletzung bewertet. Der Arbeitnehmer ist also vorgewarnt. Eine solche formelle Abmahnung wird in der Regel zur Personalakte genommen und dort verwahrt.  

Der Arbeitsvertrag regelt die gegenseitigen Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Neben den Hauptleistungspflichten (Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und Pflicht zur Gehaltszahlung des Arbeitgebers zum Beispiel) ist das Arbeitsverhältnis geprägt von vielen sogenannten Nebenpflichten für beide Parteien. Der Arbeitgeber hat zum Beispiel eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern und muss – einfach gesprochen – auf das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter achten. Arbeitnehmer dagegen müssen bei Ihrer Arbeit sorgfältig vorgehen, Schaden vom Unternehmen fernhalten und den Weisungen des Arbeitgebers nachkommen. Verletzt der Arbeitnehmer eine seiner Pflichten, kann der Arbeitgeber dieses Verhalten abmahnen und im Wiederholungsfall gegebenenfalls die Kündigung aussprechen. Die Abmahnung ist daher oft der Anfang vom Ende und erfüllt eine wichtige Funktion in der Vorbereitung einer Kündigung auf Arbeigeberseite.

 

2. Was darf der Arbeitgeber abmahnen? 

 

Der Arbeitgeber hat gemäß § 106 GewO das Direktsionsrecht. Er darf die genaue Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten somit spezifizieren. Der Arbeitnehmer muss diesen Weisungen nachkommen. Tut er dies nicht, kann er hierfür abgemahnt werden. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Es sind natürlich nur solche Weisungen zu befolgen, die zulässig sind. Hierin liegt das größte Streitpotenzial, wenn es zu einer Abmahnung gekommen ist. Oft enthält die Abmahnung Vorwürfe, die der Arbeitnehmer bestreitet. Das kann sich sowohl auf die Darstellung der Tatsachen beziehen („Das ist so nie passiert!“) als auch auf das unterschiedliche Verständnis der Parteien darüber, inwieweit in dem vorgeworfenen Verhalten eine Pflichtverletzung zu sehen ist („Ja, aber das ist doch nicht so schlimm!“). Wenn die Parteien darüber streiten, ob der dargestellte Sachverhalt tatsächlich so passiert ist, trägt er Arbeitgeber die Beweislast für seine Version der Dinge. Der Arbeitnehmer sollte daher in solchen Fällen entsprechende Beweise für das behauptete Fehlverhalten fordern und prüfen, ob er diese durch eigene Beweise (Zeugen, Aufzeichnungen etc.) widerlegen kann. 

Oft streiten die Parteien aber darüber, ob das Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt war oder nicht. Der Arbeitnehmer darf sich nämlich solchen Anweisungen widersetzen, die unzulässig sind. So dürfen Arbeitsanweisung nicht willkürlich sein. Das bedeutet, dass bei jeder Arbeitsanweisung stets auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Es findet eine Abwägung statt zwischen dem Interesse des Arbeitgebers (Organisation des Betriebs, Wirtschaftlichkeit, Betriebsfrieden etc.) als auch denen der Arbeitnehmer. Diese sind naturgemäß individuell. So kann die Weisung zur Änderung der Arbeitszeiten ohne trifftigen Grund für einen alleinerziehenden Vater eines minderjährigen Kindes eine unzulässige Arbeitsanweisung darstellen, wenn diesem dadurch Probleme bei der Betreuung seines Kindes entstehen. Er hätte einen berücksichtigungswerten Grund, dieser Weisung nicht zu folgen. 

Entsprechend wäre eine Abmahnung höchstwahrscheinlich unwirksam.  

Auch wird mittels individueller Arbeitsanweisungen manchmal versucht, es dem ungeliebten Mitarbeiter besonders „unbequem“ zu machen, sodass dieser vielleicht freiwillig das Unternehmen verlässt. Wenn der Arbeitnehmer diese Weisungen nicht befolgt, wird er hierfür oft unmittelbar abgemahnt. Solche Abmahnungen sind meistens dadurch zu entschärfen, indem man aufzeigt, dass sie eine ungerechtfertigte „Sonderbehandlung“ zum Nachteil des Arbeitnehmers darstellen.  

Übrigens: Auch ein Versehen kann abgemahnt werden. Natürlich nicht jeder Bagatellverstoß oder Unachtsamkeit. Aber hat ein kleiner Fehler schwere Folgen und wäre er vermeidbar gewesen, kann die Abmahnung wirksam sein.

  

3. Wie muss abgemahnt werden? 

 

In allen Fällen muss die Abmahnung in engem zeitlichen Zusammenhang zum vorgeworfenen Verhalten liegen. Als Faustregel kann man sich merken: Vom Moment der Kenntnis über den relevanten Sachverhalt an hat der Arbeitgeber etwa 14 Tage Zeit, die Abmahnung auszusprechen. Dies kann theoretisch auch mündlich erfolgen. Aus Beweisgründen ergehen die allermeisten Abmahnungen aber per Brief oder Email. 

Ebenfalls muss eine Abmahnung immer auch den Hinweis darauf enthalten, dass es im Wiederholungsfall zu arbeitsrechtlichen Konsezquenzen, bishin zur Kündigung, kommen kann.   

 

4.  Wann muss ich handeln? 

 

Wer eine Abmahnung erhalten hat, muss nicht sofort gegen diese vorgehen. Es ist auch möglich im Rahmen eines folgenden Kündigungsschutzverfahrens, die Abmahnungen anzugreifen. Ein „zu spät“ – wie bspw. bei der Kündigung – gibt es streng genommen nicht. Trotzdem sollte zügig gegen die Abmahnung vorgegangen werden, um etwaige Verfallsfristen aus dem Arbeitsvertrag einzuhalten.  

Wer aber vorhat, sich bei einem neuen Arbeitgeber zu bewerben, dem ist zu raten, die Abmahnung direkt anzugreifen und den Arbeitgeber aufzufordern, diese aus der Personalakte zu entfernen. Denn der Arbeitgeber ist berechtigt, über alle Tatsachen und Umstände, die in unmittelbarem Zusammenhang zur Arbeit stehen, Auskunft gegenüber potenziellen neuen Arbeitgebern zu erteilen. Das kann unter Umständen dazu führen, dass dieser sich ein falsches Bild von Ihnen macht. Auch kann eine Abmahnung in der Personalakte ein schlechtes Arbeitszeugnis begründen. In diesem Fall haben Sie dann gleich zwei Fronten an denen Sie kämpfen müssen, wenn das Arbeitszeugnis nicht Ihren Erwartungen entspricht – die Abmahnung und das Arbeitszeugnis.  

Unsere Empfehlung ist daher bei Erhalt einer Abmahnung aktiv zu werden. Es demonstriert auch Stärke, sich gegen eine Abmahnung zu wehren.  Sie können so weiteren möglichen Abmahnungen bis hin zur Kündigung Einhalt gebieten, wenn Sie aufzeigen, dass Sie sich anwaltliche Unterstützung geholt haben. Je nachdem wie sich die Situation darstellt, kann auch der Erhalt einer Abmahnung, Verhandlungen über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindungszahlunge einleiten. Das wichtigste ist: Bewahren Sie Ruhe und holen Sie sich Unterstützung. 

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